30. Mai 2012

Ali Zang, Rufer gegen die Wüste



Das ist Ali Zang. Der knapp Vierzigjährige kommt aus dem fruchtbaren Süden des Tschad. Seine Familie war nicht wohlhabend aber auch nicht arm. Alle sieben Geschwister besuchten die Schule und erhielten eine Ausbildung. Das war Alis Vater wichtiger als drei Mahlzeiten am Tag. Ali studierte Agronomie und Volkswirtschaft im Senegal und in Frankreich. Nach dem Studium kehrte er nach Hause zurück. Heute lebt er mit seiner Frau, seinen zwei Kindern und vier weiteren Verwandten in der Hauptstadt N’Djaména. Ali Zang ist Regionalleiter der Caritas Partnerorganisation Acord und damit zuständig für die Länder Tschad und Kamerun. Acord gehört zu den wichtigsten NGO’s in Westafrika. Die Organisation betreut Projekte für mehr Ernährungssicherheit in fast allen Ländern der Region. Neben dem Tschad arbeitet Caritas Schweiz auch in Mali mit Acord zusammen.

Bereits zum dritten Mal in den letzten zehn Jahren ist in diesem Frühling eine Hungersnot über den Sahel gekommen. Neben dem Ausbleiben von Regen bedrohen auch Heuschrecken und riesige Vogelschwärme immer wieder die Getreidefelder und Ernten der Bauern. Vor allem die Vögel, die im Volksmund „mange mil“ – Hirsefresser – genannt werden, machen den Menschen zu schaffen. Zwar sind sie winzig klein wie der europäische Zaunkönig, aber wenn sie millionenfach einfallen, bleibt für die Dörfer nicht mehr viel übrig. Das müsste nicht sein, sagt Ali Zang: „Wenn die Leute rechtzeitig über drohende Gefahren Bescheid wüssten, könnte viel Leid vermieden werden“. Überall wo er hinkommt im Land, setzt sich der Acord-Chef energisch für die Errrichtung eines lokalen „Frühwarnsystems“ ein, damit die Gemeinden in Zukunft nicht mehr ganz so schutzlos den Launen der Natur ausgesetzt sind wie heute, sondern rechtzeitig auf die Bedrohungen reagieren könnten.

So wie auch in der Schweiz für die Bauern der tägliche Wetterbericht essentiell ist, können die Bauern im Tschad mit den richtigen Prognosen über Niederschlagsmengen, Informationen über nahende Heuschrecken- oder Vogelzüge, aber auch mit Nachrichten über die Verfügbarkeit und die Preisentwicklung von Lebensmitteln auf den Märkten besser planen und vorsorgen.

Der Tschad ist ähnlich wie Frankreich gegliedert und in 22 Regionen aufgeteilt. Diese bestehen jeweils aus einer Anzahl Départements, die ihrerseits in Sub-Präfekturen gegliedert sind. Jede Sub-Präfektur besteht schliesslich aus einer Anzahl Kantone, die als kleinste Verwaltungseinheit für die einzelnen Dörfer zuständig sind. In den Amtsstuben der Departemente werden viele Informationen gesammelt, die für eine wirkungsvolle Notfallplanung wichtig sind. Nur schaffen es diese Informationen oft nicht bis in die entlegenen Dörfer, wo es häufig weder Strassen noch Elektrizität und Telefone gibt. Umgekehrt sind die verfügbaren Informationen meist ungefährer Natur, da die Departemente ihrerseits kaum mit präzisen lokalen Informationen aus den Kantonen versorgt werden.  

Mit Hilfe von Caritas Schweiz fördern Ali Zang und Acord die Bildung von Dorfkomitees, die nach einem systematischen Kriterienkatalog Dorf, Felder und die Weideplätze des Viehs überwachen und die gesammelten Informationen an die Behörden in der Departementshauptstadt weitergeben, wo sie von Fachleuten ausgewertet werden. Die Departemente unterstützt Acord gleichzeitig bei der Einrichtung von Notfallplänen, mit denen den Bauern bei Gefahr beigestanden werden kann. Eine wichtige Rolle bei der Verbreitung der Informationen und Warnungen kommt auch den Radiostationen zu.

Informationen über Gefahren sind gut und recht, doch was helfen sie wirklich? Ali Zang nennt drei Beispiele: So könnten die Gemeinden aufgrund von Gefahrenmeldungen rechtzeitig Hilfe von den Behörden anfordern. Oder an Orten wo sich Vogelschwärme ankünden, könnten die Bauern eine Zeit lang Mais statt Hirse anbauen; den mögen die „mange mil“ nicht. Die Heuschrecken andererseits, „können wir mit frühen Informationen schon bei der Schwarmbildung bekämpfen. Damit würde nicht nur die Ernte gerettet, sondern auch der Umwelt Gutes getan. Weil so viel weniger Insektizid eingesetzt werden muss, als wenn der Schwarm schon unterwegs ist.“